Und es geht wieder weiter..

Am 20.5.09 wollte ich, die letzte von mir als interessant eingestufte Gegend sehen. Dies sollte Gaugasien sein. Gaugasien ist eine Enklave in Moldawien, wie Transnistrien, mit dem großen Unterschied, dass es in Moldawien intergriert ist. Das heißt es gibt die gleichen Gesetze, gleiche Währung etc. Die Gaugasen stammen von den Türken ab und sind somit von den ursprünglichen Moldawien zu unterscheiden. Mein Weg sollte also an diesem Morgen in die Hauptstadt Gaugasiens führen, die entweder Komrat oder auf kyrillisch Комрат geschrieben wird. Auf dem Weg zu einem der vielzähligen und unübersichtlichen Busbahnhöfe in Chisinau stieg ich jedoch zuerst einmal in einen Bus, der mich zu einem Teil der Stadt bringen sollte, wo der gesuchte Busbahnhof absolut nicht anzufinden war. Dafür gibt es noch ein paar Bilder von diesem Teil der Stadt:

Blumensträuße haben einen hohen Stellenwert in Moldawien. Daher gibt es eine große Anzahl an Blumenläden

Blumensträuße haben einen hohen Stellenwert in Moldawien. Daher gibt es eine große Anzahl an Blumenläden

Stadtpark von Chisinau. Wesentlich gepflegter als der Hamburger!

Stadtpark von Chisinau. Wesentlich gepflegter als der Hamburger!

Schimbarea la Fata Mantuitorului- Kathedrale

Schimbarea la Fata Mantuitorului- Kathedrale
Die Straßen sind ziemlich breit.. Gefahren wird wie in Italien.

Die Straßen sind ziemlich breit.. Gefahren wird wie in Italien.

Hier sieht man zwar überall diese schönen Straßenlaternen, allerdings sind die eher zur Zierung der Straßenränder gedacht, denn leuchten tut keine einzige Laterne nachts! Und das in einer Hauptstadt.. Nachdem ich also an der gänzlich falschen Haltestelle ausgestiegen bin und noch eine kleine Besichtungstour von Chisinau gemacht habe, ging es mithilfe einer englischsprechenden Moldawierin (endlich habe ich jemanden gefunden, der die englische Sprache beherrscht!!) in die Richtung des Busbahnhofes.

Auf dem Weg dorthin passierte ich noch eine Polizeistation, die mit einer Tafel in den Fokus meiner Aufmerksamkeit geriet. Auf dieser Tafel waren mindestens 50 Fotos angebracht, auf denen man anfänglich schwer erkennen konnte, was sie zeigen sollten. Beim näheren Hinsehen, konnte man jedoch sehen, dass es sich hier um tote Menschen handelt, die in Verkehrsunfällen ums Leben kamen. Die Fotos waren so grausam, dass ich kein Foto gemacht habe. Zerfetze Köpfe, Arme, Beine und auf der Straße in einer Blutlache verteilte Teile des menschlichen Körpers.. Abschreckend!

Nachdem ich endlich den richtigen Busbahnhof gefunden hatte und das richtige Marschrutka auch, ging es auf eine 2,5 stündige Fahrt. Der Bus war mal wieder komplett voll, mit Menschen und Waren, die in Chisinau von den Bäuerinnen auf dem Markt angeboten werden. Auf der ganzen Fahrt kamen uns höchstens 10 Autos entgegen, dafür aber mindestens 30 Pferdekutschen.. Auch eine Straßensperre gab es wieder, an der wir diesmal von einem Polizisten angehalten wurden. Dieser kam zwar nicht an Bord (was auch schlecht bei der Beladung möglich war), trotzdem musste der Busfahrer 10min aussteigen. Er war stinksauer als er wieder einstieg. Wahrscheinlich musste er ein paar Mäuse für die Weiterfahrt bezahlen. Und so ging es weiter durch das moldawische Hinterland. Bis hier der Lebensstandart der EU erfüllt wird, wird es sicher noch sehr viele Jahre dauern.. Auf einem Zwischenstop irgendwo in einem kleinen moldawischen Dorf:

Marschrutkas

Marschrutkas

Busbahnhof in einem moldawischen Dorf. Der weiße Mercedes ist unser Marschrutka

Busbahnhof in einem moldawischen Dorf. Der weiße Mercedes ist unser Marschrutka

IMG_8511

Taxis die verzweifelt auf Kundschaft warten.. Aber für die meisten ist es einfach zu teuer

Nach dieser viertelstündige Pause in diesem moldawischen Ort, ich glaube es war Chimishliya, ging es weiter nach Gaugasien bzw. Comrat. Es gab jedoch einen großen Unterschied von nun an, denn der Fahrer hatte seine Freundin mit an Bord genommen und diese war scheinbar ein großer Fan von westeuropäischer 90iger Musik. Und so kam es, dass wir mit Dieter Bohlens „Cherry, Cherry Lady…“ Richtung Gaugasien fuhren. Aber in Moldawien ist alles möglich!

In Comrat angekommen sah man schon am Busbahnhof wie schlecht es hier um die Menschen bestellt ist. Die meisten Menschen sitzen einfach nur tatenlos auf Bänken trinken Alkohol und beobachten andere. Ein Grund die Kamera, wie auf der gesamten Reise manchmal lieber im Rucksack zu lassen, als irgendwelche Aufmerksamkeit zu erregen.. Beim Verlassen des Busbahnhofes, erregte jedoch erst einmal etwas mein Interesse. Und das ziemlich gewaltig. Das corpus delicti war ein Renault Kangoo mit einer geschlossen Ladefläche. Im Auto saß ein jüngerer Mann, der ein großes Pappschild in die Frontscheibe gelegt hatte. Das Pappschild sagte etwas wie „TRANSPORTI A ITALIA“ auf Moldawisch. Sehr sehr merkwürdig, ein geschloßener Transporter, will einen Transport nach Italien anbieten. Bei der Arbeitslosenquote in Gaugasien um die 25% flüchten wahrscheinlich einige in die Hände von Menschenschmugglern, die sie in die EU verschiffen. Das ich so etwas auf offener Straße sehen würde, hätte ich mir nie träumen können. Ich war doch erst den vierten Tag hier!!! Ein Foto existiert leider nicht, da man hier denke ich vorsichtig sein sollte..  Nach meiner Rückkehr zum Busbahnhof war das Auto auch leider schon wieder weg. Komrat wesentlich ärmer und dreckiger als Tiraspol, wie man an den Fotos sehen kann:

Die Kirche im Hintergrund ist das einzig sehenswerte hier..

Die Kirche im Hintergrund ist das einzig sehenswerte hier..

Man muss sich außerdem vorstellen, wir sind hier im Zentrum Comrats und es sieht aus, als wäre man in einem Dorf!

Die Universität von Gaugasien

Die Universität von Gaugasien

Comrat

Comrat

Das gaugasiche Parlament

Das gaugasiche Parlament

Leider hat das Gegenlicht enorm gestört, ich hoffe das kann man verzeihen.. Auf dem Weg zu dem Parlament, habe ich drei nettaussehende Studentinnen angesprochen, um mir den Weg dorthin erklären zu lassen (gut, letztendlich gibts sowieso nur eine Hauptstraße an der alles ist, aber was solls). Auch hier wurde ich mit Blicken angeschaut, als wäre ich definitiv nicht aus diesem Universum.. Englisch hatten diese Damen wohl noch nie gehört, geschweige denn je einen westlichen Ausländer getroffen. Aufgrund meines Sprachtalents habe ich dann allerdings noch nach „Parlamenti“ gefragt und dann konnte mir auf russisch der Weg erklärt werden. Dafür gabs noch ein nettes „Spaciva“ (ja ich weiss, dass es anders geschrieben wird) und dann trennten sich die Wege.

Kirche in Comrat

Kirche in Comrat

IMG_8474

Comrats Aussenbezirke

Comrats Aussenbezirke

Verkehrkreisel, aber auch gleichzeitig der wichtigste Verkehrsknotenpunkt Gaugasiens. So klein ja! Und so unbefahren!

Verkehrkreisel, aber auch gleichzeitig der wichtigste Verkehrsknotenpunkt Gaugasiens. So klein ja! Und so unbefahren!

Die Häuser sehen relativ modern aus, aber alles Marke Eigenbau und nur bedingt sicher

Die Häuser sehen relativ modern aus, aber alles Marke Eigenbau und nur bedingt sicher

Den Rückweg habe ich dann 3 Stunden später wieder Richtung Chisinau angetreten. Wieder 2,5 Stunden fahren und die 20 cm tiefen Schlaglöcher genießen.